In Ihrer Antwort auf Sabine Friedels Anfrage aus dem April 2009 schrieb OB Helma Orosz im Juni 2009:
Grundlage für eine Förderfähigkeit eines Verkehrsbauvorhabens ist die „Richtline für die Anlage von Stadtstraßen, „RASt 06“. Danach muß sich die Planung an der Zielsetzung orientieren, die sich aus der Bewohnbarkeit und Funktionsfähigkeit ergeben und die eine ausgewogene Berücksichtigung aller Nutzungsansprüche gewährleistet.“ Die RASt 06 konnte in diesem Zusammenhang aus Kopierschutzgründen leider nicht übermittelt werden. [Antwort von Helma Orosz auf die schriftliche Anfrage Nr. 2688/2009 Ausbau der Königsbrücker Straße von Stadträtin Sabine Friedel, SPD]
Daraufhin hat die GRÃœNE LIGA Dresden in der RASt 06 nachgesehen und erhebliche Abweichungen festgestellt zwischen dem, was tatsächlich fachlich vorgegeben wird und dem was uns Glauben gemacht werden soll.
Es ist fachlich nicht nachvollziehbar, warum sogar der eingereichte überbreite Entwurf nicht ausreichend sein soll, da die RASt 06 eindeutig darauf abstellt, dass in Abstimmung der Nutzungsanforderungen ggf. „die Menge, oder zumindest die Ansprüche des motorisierten Individualverkehrs an Geschwindigkeit und Komfort zu reduzieren und den Fußgänger- und Radverkehr sowie den öffentlichen Personenverkehr zu fördern [sei]“ [RASt 06 S. 15]. Dies gilt insbesondere, wenn „die zur Verfügung stehenden Flächen nicht ausreichen, um im Straßenraum alle Nutzungsansprüche angemessen zu befriedigen“ wenn weiterhin „die aus dem Kraftfahrzeugverkehr resultierenden Immissionen für die Umfeldnutzungen zu hoch sind und einzelne Nutzungsansprüche so stark sind, dass sie andere Nutzungsansprüche auch bei Ausnutzung aller Kompensationsmöglichkeiten unvertretbar beeinträchtigen“ [RASt 06 S. 15].
Es bleibt zweifelhaft, welche der straßenraumspezifischen Ziele das SMWA durch eine vierspurige Variante besser gelöst sieht – die „soziale Brauchbarkeit einschließlich Barrierefreiheit“ (wenn die Gewerbebetriebe auch in Zukunft noch Gäste bzw. Kunden empfangen wollen), die Umfeldverträglichkeit (wenn aktuell schon nur noch wenige Menschen an der verlärmten Straße leben wollen), die „Verkehrssicherheit“ (wenn Fußgänger über die vierspurige Schnellstraße zukünftig von einem weniger breiten Gehsteig auf den anderen wechseln wollen)?
Damit Fußgänger – und damit letztlich auch die Kunden bzw. Gäste der Gewerbebetriebe entlang der Königsbrücker sich wohlfühlen muß nach RASt 06 ein 30-40-30 % – Verhältnis zwischen Seitenräumen (Gehwege, jeweils 30%) und Fahrbahn (40% Anteil am Gesamtquerschnitt) eingehalten werden [RASt 06 S. 22]. Dieses Ziel wird jedoch offenbar nicht verfolgt.
Nun zur Bedarfsberechnung: Aus den Planfeststellungsunterlagen zur derzeit eingereichten überbreiten (jedoch nach Auffassung des SMWA für den Kfz-Verkehr nicht ausreichenden) Variante geht hervor, dass an der verkehrsintensivsten Stelle der Königsbrücker (ausgenommen die Kreuzungen Stauffenbergallee und Bautzner Straße, wo aktuell schon vierspurig ausgebaut ist) 19.250 Kfz/ 24 Stunden auftreten – zwischen Tannenstraße und Bischofsweg. Als „entwurfsprägender Nutzungsanspruch Kfz-verkehr“ wird die Kraftfahrzeugverkehrsstärke in der Spitzenstunde herangezogen – ein Wert, der sich aus Planungserfahrungen bei 7-8% des 24-stündigen Verkehrs bewegt. Im vorliegende Fall also bei 1350 bis 1540 Kfz in der Spitzenstunde.
Laut RASt 06 ergibt sich daraus eine Planung im Bereich zwischen 27,7m (mit zwei 3m breiten Fahrbahnen und 2,1m breiten Radfahrstreifen) und 31,2m (mit zwei 5m breiten Fahrbahnen und 1,6m breiten Radfahrstreifen) Gesamtbreite. Die vierspurigen Planungen beginnen erst im Bereich der Spitzenstundenbelastungen jenseits der 1.600 Kfz, die hier gar nicht erreicht werden [RASt 06 S. 60].
Es wäre also tatsächlich spannend zu erfahren, welche verkehrsplanerischen Ziele das SMWA mit der vierspurigen Variante bezweckt und welche Bedarfe des nichtmotorisierten und Fußgängerverkehrs zugrundegelegt werden, welche sonstige Bewertung zur Entscheidung geführt hat. Welche Rechenspiele nötig waren, um die Kfz-Spitzenstundenbelastungen derart in die Höhe schnellen zu lassen.
Torsten Kohl, www.grueneliga-dresden.de
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