In den letzten Tagen hat es eine fragwürdige Umfrage bei SZ-Online nicht nur in die Printausgabe, sondern auch mitten die politische Diskussion um die Königsbrücker Straße geschafft. Die Leser von SZ-Online durften zwischen Variante 7, 8.4 und 8.7 auswählen. Zwischenzeitlich stand auch die vierspurige Variante 7 bei über 70%, bei insgesamt ungewöhlich hohen 39.000 Umfrageteilnehmern. Einige zehntausend Umfrageteilnehmer später hat entweder SZ-Online oder ein findiger Skriptschreiber noch einen draufgesetzt und das Ergebnis zu jeweils einem Drittel weiterentwickelt. Ein netter Witz, wie wir finden.
Immer mal kommt ein Auto vorbei, ein paar Fußgänger schlendern auf dem Gehweg entlang. Eine Straßenbahn bahnt sich den Weg Richtung Klotzsche. Die Ampel schaltet gemächlich auf rot. Und nach einer Weile wieder zurück Richtung grün. So richtig viele Autos fahren trotzdem nicht los. Die meisten parken. Die Pflastersteine gucken zum Himmel und warten, ob es wiedermal regnet. Dann kommt einer mit dem Fahrrad. Klappernd rumpelt es über die Straße, fluchend wechselt der Radfahrer auf den Gehweg. Aber so viele Autos wie in den Verkehrsprognosen sind hier schon lange nicht mehr gefahren.
Ein typischer Dienstag Mittag auf der Könisgbrücker.
Seit Jahren geht der Autoverkehr auf der Königsbrücker Straße zurück. Zwischen 11.000 und 16.000 Autos am Tag hat die Bürgerinitiative über das letzte Jahr gezählt, nie mehr. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 fuhren hier noch 25.000 Autos täglich und für eine vierspurige Straßenführung sehen die Baurichtlinien erst ab 23.000 Autos am Tag einen Bedarf.
In einem offenen Brief an die Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) kündigen die drei Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD an, mit ihrer neuen Mehrheit im Stadtrat den im April dieses Jahres vom alten Stadtrat verabschiedeten Beschluss zum überdimensionierten Ausbau der Königsbrücker Straße nicht weiter zu unterstützen. Im Brief heißt es u. a.: „Um finanziellen Schaden von der Landeshauptstadt Dresden abzuwenden, gehen wir davon aus, dass Sie keine weiteren Planungsaufträge in Umsetzung der im April 2014 beschlossenen Variante beauftragen.“
Lesen Sie den Offenen Brief an Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU)
Groß ist das Interesse an den Entwicklungen um die Königsbrücker Straße. Knapp 400 Menschen haben am 17. Januar den Weg zur Bürgerversammlung ins Kulturrathaus gefunden. Und prominent war die Besetzung des Podiums: Der Leiter des Straßen- und Tiefbauamts Reinhard Koettnitz stellte die Visualisierung der aktuellen Ausbauvariante vor, DVB-Vorstand Zieschank erklärte den Ausbau aus Sicht seines Unternehmens. Und obwohl er wenig zu sagen hatte, war auch Baubürgermeister Marx anwesend.
Der Sprecher der Bürgerinitiative, Martin Schulte-Wissermann, wies daraufhin, dass der Autoverkehr auf der Königsbrücker Straße in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen sei von ca. 25.000 Autos im Jahr 1995 auf nunmehr etwa 14.000 Autos am Tag. Diese drastisch sinkende (Auto-)Verkehrsdichte müsse in der Planung berücksichtigt werden, ein vierspuriger Ausbau sei an keiner Stelle notwendig. Dem widersprach insbesondere Rainer Zieschank von den DVB, der seine Planungsprämisse deutlich aussprach: „Wir müssen dort zügig fahren können“. Entsprechend unterbelichtet sind die anderen Funktionen der Straße: Aufenthaltsqualität, Straßengrün, Fahrradparken oder auch die Interessen von Cafébesitzern und Geschäftsinhabern.
Der ADFC wies daraufhin, dass bei zahlreichen vergleichbaren Projekten in Dresden in der Vergangenheit immer wieder übertriebene Annahmen getroffen worden waren, zulasten von Radfahrern und Fußgängern. So ist die Waldschlößchenbrücke für 48.000 Kfz/Tag geplant, während real nur 24.000 Autos täglich die Brücke nutzen. Ähnliche Projekte gibt es in Dresden viele: Tunnel Wiener Platz, Flügelwegbrücke, Bramschtunnel, Fritz-Foerster-Platz usw. Ihnen allen gemeinsam sind unnötig hohe Kosten und wenig zufriedenstellende Lösungen für den Radverkehr. Über Prognosen zum Radverkehr für die Königsbrücker Straße verfügt die Stadt übrigens nicht und auch wenn man davon ausgeht, dass in Zukunft eher mehr als weniger Menschen dort mit dem Rad entlang fahren, deuten mangelhafte Linksabbiegespuren für Fahrräder und kaum vorhandene Überholmöglichkeiten für Radfahrer darauf hin, dass dies auch keine hervorgehobene Rolle spielt.
Zahlreiche Redner, wie der langjährige Stadtrat Dr. Rainer Kempe baten den Baubürgermeister und den Tiefbauamtsleiter eindringlich, zwischen Katharinenstraße und Bischofsweg eine vor einigen Monaten von der Grünen Fraktion vorgeschlagene Lösung mit einem begehbaren Mittelstreifen ernsthaft zu prüfen. Bei dieser könne auf viele unnötige Verkehrsflächen verzichtet werden, die dann anderen städtischen Funktionen zur Verfügung steht.
Die von der Bürgerinitiative Königsbrücker Straße seit sehr langem, und vom Stadtrat seit kurzem geforderte Einwohnerversammlung zu den massiven vierspurigen Ausbauplänen kommt jetzt am 17. Januar. Das teilte Stadtsprecher Karl Schuricht laut DNN mit. Der 17. Januar ist ein Freitag, und 17 Uhr freitags ist seit Jahren der traditionelle Königsbrücker Termin – passt also super!
Dem Sprecher der Stadt zufolge sollen auf der Einwohnerversammlung im Kulturrathaus den Anwesenden die aktuellen Planungen erläutert werden und die Einwohner können Vorschläge und Anregungen geben, die auf der Veranstaltung aufgenommen und an den Stadtrat weitergegeben werden.
Das ist aber noch ein bisschen wenig, denn „Vorschläge und Anregungen“ sind nicht genug! Wir brauchen auch Einwände, kritische Fragen, Argumente für eine schnelle und schmale Sanierung und gegen einen überteuerten, stadtteilzerstörenden und vor Gerichten ewig blockierten vierspurigen Ausbau.
Und unsere Worte sollen nicht nur an den Stadtrat „weitergegeben“ werden, sondern die Verwaltung und der Stadtrat müssen sich mit der Kritik aktiv und fachlich auseinandersetzen.
Also: Argumente sammeln und Menschen aktivieren. Wir haben diesmal vielleicht eine Chance, also nutzen wir sie!
Zum Glück hat es vorher geregnet. Zwischen 80 und 200 Teilnehmer (wir haben das Zählen vergessen bzw.: Wer genau gezählt hat, bitte eine Zahl schicken) hatten keine Angst vorm Wetter und rollten friedlich und unter Polizeischutz die Königsbrücker Straße entlang. Der Stadtrat hat vor einer Woche beschlossen, die Königsbrücker Straße nur nach Gesichtspunkten des Aut0verkehrs vierspurig auszubauen und die Fahrbahn von jetzt etwa 10m auf über 20m zu verbreitern. Dies erfordert weitere Umplanungen. Ein Baubeginn und damit Verbesserungen für Radfahrer rücken damit in weite Ferne.
Friedlich dahinrollen geht auf der Königsbrücker nur zur Demo – Ein Grund mehr, dabei zu sein: Nächsten Freitag, 17 Uhr an der Schauburg.
Unter dem Titel „Königsbrücker Straße muss leben“ hat sich eine neue Bürgerinitiative an der Königsbrücker Straße gegründet. Bereits 40 Gewerbetreibende unterstützen die Initiative in der Forderung, besser eingebunden und an der Planung beteiligt zu werden. Ziel der Initiative ist es, dass die Könisgbrücker keine reine Durchgangsstraße wird und die Planungen besser auf die städtischen Funktionen der Straße abgestimmt werden sollen. Unterstützung ist sicher gern gesehen.
Auf einer Unterschriftenliste kann man außerdem seine Unterstützung für die Bürgerinitiative kundtun.
Letzte Woche ist die Beschlussvorlage zum vierspurigen Ausbau der Königsbrücker Straße aufgetaucht. Entgegen dem Beschluss des Stadtrates, der sich bereits vor fünf Jahren auf einen Kompromiss geeinigt hatte, hat die Stadtverwaltung unter Orosz und Marx eine noch breitere Variante erarbeitet, die den Autoverkehr zulasten der anderen (Fuß, Rad, Bahn) noch stärker bevorzugen soll, als die so genannte Kompromissvariante.
Ist jetzt, wo der Kompromiss von 2006 aufegkündigt wurde, nicht eigentlich der Zeitpunkt zu fordern: Alles auf Anfang? Eine Sanierung im Bestand (die FDP hatte sie vor einer Weile schonmal gefordert) wäre jetzt vielleicht ein gangbarer Ausweg: a) Die Kosten betragen nur einen Bruchteil b) Man ist nicht auf Morlok und seine Fördermittel angewisen und vor allem c) Eine stadtteilverträgliche Lösung mit Bäumen und breiten Gehwegen wäre die Folge. Liebe Politiker! Denkt doch mal drüber nach.
Beschlussvorschlag und Pläne zum vierspurigen Ausbau der Königsbrücker Straße bei Anton Launer
Zu einem erneuten Geheimtreffen hat am Montag Dresdens Baubürgermeister Marx geladen. Dabei wurde eine weitere Variante für den Ausbau der Königsbrücker Straße vorgestellt. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen war zu vernehmen, dass bei dieser Variante der Platz an der Schauburg von jetzt 16m auf 7,50m Breite verringert werden soll, um mehr Platz für Autofahrspuren zu bekommen. Auch im restlichen Verlauf der Straße plant Marx, die Gehwege deutlich schmaler. Im Chor mit Marx und dem in Fragen autogerechter Stadtplanung stets sehr umtriebigen Vorstadt-Abgeordneten Hans-Joachim Brauns meinte auch der Vertreter des Sächsischen Wirtschftsministeriums (SMWA) mehrfach, dass „kein Rückbau“ gefördert werde.
Dass es in keiner der verschiedenen Ausbauplanungen um Rückbau geht (und das Land auch eine nicht-vierspurige Variante fördern muss, so sie „der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse“ förderlich ist), sei hier nur noch einmal der Vollständigkeit halber erwähnt.
Nicht nur die Gehwege, auch die Radstreifen sollen mit 1,50m Breite schmaler, als bisher geplant werden. Die VwV StVO sieht eine Regelbreite von 2,00m vor. Insbesondere bei solchen Straßen wie der Königsbrücker, wo mit viel Radverkehr zu rechnen ist, sollte man diese 2 Meter auch nicht unterschreiten. In einer Petition forderte der ADFC und 1700 Unterstützer schon im Sommer 2009 die Planung von 2m breiten Radstreifen auf der Königsbrücker Straße.
Damit der Autoverkehr mehr Platz hat, soll dieser die Straßenbahngleise befahren. Prognosen gehen von einer Beschleunigung des Autoverkehrs durch diese Maßnahme um 1 km/h aus. Die Straßenbahn wird gleichzeitiglangsamer. Autofahren wird attraktiver.
Weil die Königsbrücker ein Dresdner Geheimprojekt ist, bedarf es kaum einer Erwähnung, dass die anwesenden Vertreter die Pläne nur kurz angucken durften. Kopien oder pdf-Dateien bekam niemand. Nur Herr Brauns von der CDU hat sie schon. Und nicht nur das: Die Anwesenden der Veranstaltung wurden auch zu strikter Geheimhaltung angehalten.
Die Hinterzimmertaktik von Wirtschaftsminister Morlok und Baubürgermeister sind die Dresdner Variante von gelebter Demokratie!
Und zuletzt: Weil die Änderungen in der Planung von 2-spurig auf 4-spurig nicht wesentlich seien, soll das Anfang letzten Jahres unterbrochene Planfestsstellungsverfahren fortgesetzt werden. Dieses Vorgehen ist rechtlich umstritten und wird den Konflikt um die Königsbrücker nicht unbedingt entspannen.
DNN: Tauziehen um eigenes Gleisbett für Straßenbahn beim Ausbau der Königsbrücker. DNN, 19.01.2011.
Neustadt-Geflüster: Königsbrücker Straße – doch wieder vier Spuren
Morlok blockiert zweispurige „Königsbrücker“ – Ministerium fördert nur Vierspur-Variante. DNN, 15.10.2010.